Zum Inhalt springen

Blue Grave

Virtuelles Gemälde, 2022 (Oculus Quest 2, App: Painting VR), 200 x 200 cm (virtuell).

Seit einiger Zeit male ich in der virtuellen Realität mit einer VR Brille und dazugehörigen Controllern. Das Programm, das ich nutze, bringt mich in mein privates Atelier (zurzeit eine urbane Skater-Halle mit coolem Ambiente und stickerbeklebten Rolltoren). Hier kann ich alle möglichen Formate und Größen bemalen.

Das Bild, das Du hier siehst, ist in der virtuellen Realität zwei mal zwei Meter groß. Ich habe es neulich erst gemalt und Blue Grave genannt, Blaues Grab. Es befasst sich mit der Tatsache, dass seit vielen Jahren Monat für Monat, Jahr um Jahr Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrinken.

[newsletter_lock]

Eine Tatsache, an die wir uns quasi gewöhnt haben. Sie ist Teil unserer Wirklichkeit, einer Wirklichkeit, die gerade vor allem durch den Überfall auf die Ukraine, durch die Morde der russischen Armee an unschuldigen Zivilisten geprägt ist. Währenddessen ertrinken immer noch Menschen. Und sie sterben auch andernorts, immer noch in Syrien, immer noch im Jemen zum Beispiel.

Das Bild macht keine Aussage. Es stellt noch nicht einmal eine Frage. Das ist deshalb so, weil mir weder Aussage noch Frage einfällt. Alles, was ich sagen könnte, wären Plattitüden. Davon gibt es reichlich, so viele, dass es nicht noch mehr braucht. Ich kann aber auch nicht wegsehen. Niemand kann das. Man muss sehr viel mehr Aufwand betreiben, um vor dem Leid die Augen zu verschließen, als es zur Kenntnis zu nehmen, weil es allgegenwärtig ist.

Das bedeutet natürlich nicht, dass es uns noch erreicht. Solange wir nicht selbst erleben, wie jemand ertrinkt, können wir gar nicht anders, als uns vor allem unseren täglichen Fragen und Problemen zu widmen. Das ist eine Überlebensstrategie, die uns davor bewahrt, wahnsinnig zu werden. Schließlich sind wir nicht Gott. Wir haben die Gehirne von Säugetieren. Auch wenn sie ziemlich groß sind.

Ich habe das Bild gemalt, damit ich es weiter wahrnehme, was passiert, auch wenn ich nichts dagegen tun kann. Das Leid zu malen, ist genauso wichtig, wie Blumen, Landschaften, Porträts, abstrakte Formen zu malen. Es ist eine Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzen, es nicht zu verdrängen, sondern zu vergegenwärtigen. Denn schließlich geht es darum, Mensch zu sein und Mensch zu bleiben.

Ich wünsche Dir trotz allem eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!

Dein Gofi

[/newsletter_lock]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert