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Kategorie: Uncategorized

Montag, 21. Oktober 2019

Letzte Nacht habe ich geträumt, dass wir in eine nagelneue Wohnung gezogen sind. Bevor wir sie betreten haben, habe ich mit einem kleinen Jungen gesprochen, der mich unbedingt zu seinem Geburtstag einladen wollte. Wenig später hörte ich den Anrufbeantworter ab. Der erste Anruf kam von einem Radiosender mit einer Nachricht für Heike Hypertext. Sie habe beim Preisausschreiben gewonnen und solle sich melden, um ihre Prämie zu bekommen. Der zweite Anruf war vom Vater des Jungen. Er habe über mich Nachforschungen angestellt und herausgefunden, dass ich ein Betrüger und Schaumschläger sei. Ich solle mich von seinem Sohn fernhalten und sie nie wieder kontaktieren.

So ein bisschen hänge ich in der Luft. Huchting ist abgeschlossen. Das Manuskript ist beim Verlag. Jetzt stehen noch Absprachen aus über den Titel, das Cover und Einzelheiten des Manuskriptes. Und theoretisch könnte ich mich dem nächsten größeren Projekt zuwenden. Aber ich weiß nicht, ob ich schon soweit bin. Ich könnte mir mit kleineren Projekten die Zeit vertreiben, die Podcasts schneiden, wieder mehr fotografieren. Aber reicht mir das?

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Freitag, 18. Oktober 2019

Ignatius von Loyola vergleicht das Leben eines Menschen mit einem unförmigen Baumstamm, der sich nicht vorstellen kann, dass aus ihm eine bewunderte Statue werden könnte, und der deshalb zögert, sich dem Beitel der Bildhauerin anzuvertrauen.

In diesem Bild stellt die Bildhauerin Gott da. Und es wird angenommen, dass Gott das Leben des Menschen so behandeln möchte, wie die Bildhauerin den Baumstamm, damit aus dem unförmigen und unschönen Baumstamm etwas Schönes entstehen möge.

Jetzt finde ich jeden herkömmlichen Baumstamm schöner als irgendeine Statue. Die komplexe und auch krude Schönheit von etwas, das gewachsen ist, übertrifft doch weit jede noch so naturalistische Darstellung von irgendetwas.

Ich möchte viel lieber an einen Gott glauben, der die Dinge so wachsen lässt, wie es ihm gefällt, als an den, der die Dinge nach seiner Vorstellung zurechthaut. Natürlich, es geht Ignatius auch um das Element des Schmerzes und des notwendigen Leidens. Sein Bild ist letztlich ein Versuch, Leid als etwas Positives hinzustellen.

Aber vor allem geht es ihm doch wohl um die Aussage, dass der Mensch sich dem Handeln Gottes an sich selbst anvertrauen soll, damit Gott aus seinem Leben etwas Gutes, Schönes macht.

Gegen ein paar Schläge habe ich nichts einzuwenden. Trotzdem finde ich, dass der Schöpfer dem Künstler immer noch meilenweit überlegen ist. Und gewachsene Schönheit ist schöner als gehauene.

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Donnerstag, 17. Oktober 2019

„Ich komme von Homer, von Cervantes“, hat kürzlich Peter Handke gesagt. Und zwar zu den Journalisten, die von ihm wissen wollten, was er über die Vorwürfe des aktuellen Trägers des Buchpreises 2019, Stanišić, hält, der Bosnier ist und im Krieg der Neunzigerjahre vor den Serben nach Deutschland fliehen musste.

Stanišić hat Handke vorgeworfen, dass der für die kriegstreibenden Serben Partei ergriffen hatte und sogar am Grab des Serbenführers Milosevic eine Rede gehalten hat. Ausgerechnet Handke ist seit neuestem Nobelpreisträger, und für den Buchpreisträger Stanišić ist das geradezu unerträglich.

Was genau wollte Handke jetzt eigentlich sagen? Wahrscheinlich, dass man ihn mit diesem trivialen Scheiß in Ruhe lassen sollte, dass er Wichtigeres zu tun habe, als freche Journalistenfragen zu beantworten oder haltlose Vorwürfe eines jungen Schnösels. Der Autor hat sich um die Kunst zu kümmern, er muss gewichtige Fragen der Ästhetik beantworten, er muss nach den passenden Worten suchen, die rechten Sätze formulieren, um Kraft seines Wortes die Welt zusammenzuhalten, aber nicht die Welt der Unterhaltung und der Politik, sondern die viel gewichtigere Welt der Kunst. Hat er das gemeint? Keine Ahnung. Eigentlich ist es auch egal.

Gestern bin ich schließlich doch noch rausgegangen. Dafür habe ich mir extra ein Hörbuch heruntergeladen, dass ich noch nicht ganz zu Ende gehört hatte, weil es mich schließlich gelangweilt hat. Allerdings ist ein Spaziergang durch unser Viertel noch langweiliger als das langweiligste Hörbuch, und so lud ich mir Excalibur von Cornwell auf mein Smartphone. Eine ganz triviale Unterhaltungsgeschichte über Artus und für einen Spaziergang durch das dunkle und verregnete Cappel vielleicht genau das Richtige.

In diesem Buch gibt es eine Szene, in der die vor Artus bereits in Ungnade gefallene Genoveva mit einem Barden streitet, der darauf besteht, dass die Qualität eines Vorsängers an seiner überlegenen Technik hängt. Genoveva hält ihm vor, dass die normalen Zuhörer seine überlegene Technik überhaupt nicht erkennen und sie deshalb auch nicht genießen können. Das aber sei seine eigentliche Aufgabe: die Leute zu erfreuen. Darum soll er den Kennern Qualität bieten und den Nichtkennern Unterhaltung, damit er sie alle erfreut. Am besten gleichzeitig.

Das fand ich gar nicht so blöd. Vielleicht braucht es nicht immer Homer oder Cervantes, um gute Impulse zu erhalten, die einen weiterbringen. Ich bin jedenfalls eher Team Stanišić als Team Handke.

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Mittwoch, 16. Oktober 2019, 17:07 Uhr

Eine neue Folge des Goficastes ist im Kasten. Außerdem habe ich zwei kürzere Videos gemacht, um einerseits das Gofigramm auf Instagram zu bewerben und andererseits Werbung für die neue Episode von Rhadio zu machen.

Jetzt liege ich im Wohnzimmer auf dem Fußboden und will eigentlich Krausser lesen. Aber Krausser nervt. Hochtrabend, gelehrt, grundsätzlich besser als alle anderen. Stattdessen schaue ich den Nymphensittichen zu, wie sie an den Holzpanelen klopfen oder sich die Flügel strecken.

Im Goficast wollte ich ursprünglich Flucht aus Evangelikalien lesen. Aber dieser ständige Bezug zwischen Kunst und Religion war mir einfach zu viel. Es gibt Momente, in denen ich einen religionsfreien Raum brauche. Ich habe die Aufnahme abgebrochen und stattdessen lieber eine Kurzgeschichte gelesen von arroganten Katzen, nervtötenden Hunden und einem Meerschweinchen namens Ricardo. Das hat wesentlich mehr Spaß gemacht. Witzigerweise hat die eine Katze einen religiösen Tick.

Die zwei kürzeren Videos zu drehen war viel anstrengender, als den längeren Film herzustellen. Ich habe für jedes Video sicher vier Versuche gebraucht, bis ich der Meinung gewesen bin, dass ich es so lassen kann. Die Resonanz ist bisher sehr überschaubar. Soziale Netzwerke sind ja so ein bisschen wie ein vermüllter Ozean, in den man auch noch seine eigene Flaschenpost hineinwirft. Manchmal bekommt man eine Antwort.

Über die Arbeit und das Kochen und die Unterhaltung mit dem großen Sohn vollkommen vergessen, dass ich den jüngeren Sohn von der Schule hätte abholen müssen. Überstürzt und eine Stunde zu spät aufgebrochen. Sohn ist cool geblieben. Der Tag ist ansonsten vorbei. Das Sinnvollste, das ich jetzt noch tun könnte, wäre spazieren zu gehen, aber bei diesem Sauwetter habe ich darauf keine Lust. Oder Krausser lesen. Naja. Oder doch rausgehen.

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Mittwoch, 16. Oktober 2019

Ich hab endlich wieder gut geschlafen. Allmählich gewöhnt sich der Körper an den normalen Schulrhythmus. In den Ferien kommt immer alles durcheinander. Da geht man spät ins Bett und steht spät auf. Wenn dann die Schule wieder anfängt, kann ich immer erst nicht einschlafen und komme morgens nicht aus dem Bett raus. Aber jetzt ist wieder alles normal: früh eingeschlafen, durchgeschlafen und nach einer kurzen, harten Nacht gut aufgewacht.

Der ganz normale Drill klappt schon wieder wie am Schnürchen. Anziehen, Kaffee kochen, Söhne wecken, Schulfrühstück vorbereiten, die morgendlichen Abläufe moderieren, Söhne zum Fertigmachen schicken, Söhne pünktlich aus dem Haus schicken. Danach aufräumen: Küche, Schlafzimmer. Die Nymphensittiche Engels und Marx wecken, Wohnzimmer lüften, Vögel füttern. Irgendwann am Ende der Nahrungskette komme ich: Zähneputzen und duschen. Und neuerdings: Tagebuch/Blog schreiben.

Heute Morgen dachte ich, wie verrückt es ist, dass ich es schon immer für normal gehalten habe, vollkommen in Frieden und Sicherheit das Frühstück vorzubereiten, während jetzt gerade in Kobane und anderen nordsyrischen Städten Menschen fliehen oder umgebracht werden. Mal wieder. In solch einem Moment habe ich ganz kurz ein schlechtes Gewissen. Aber dann denke ich, dass es die Aufgabe von Menschen ist, die in Frieden und Sicherheit leben, diesen Zustand so lange zu genießen und wertzuschätzen, so lange er anhält.

Mal sehen, was der Tag so bringt. Heute veröffentlichen wir die nächste Episode von Rhadio: Wir reden über ‚Deutschland‘ von Rammstein. Eigentlich hätte die Folge mit der Marburger Musikerin Tina Kuhn erscheinen sollen. Aber nach dem Anschlag von Halle reden wir gerade wieder alle verstärkt über Rechtsextremismus, Nationalismus und Antisemitismus. Da passt der Song von Rammstein einfach besser.

Außerdem sollten heute neue Folgen des Goficastes online gehen. Ich muss das Konzept ein wenig ändern. Die einzelnen Folgen müssen kürzer werden. Inzwischen ist das Angebot an Podcasts und Vorträgen so reichhaltig, dass niemand mehr die Zeit hat, sich das alles anzuhören. Außerdem werde ich mehr über Instagram veröffentlichen. Auf diesem Weg erreiche ich ein völlig anderes Publikum. Und schreiben, schreiben sollte ich auch nicht vergessen. Mal schauen, ob heute die Cover-Vorschläge für das neue Buch kommen. Ich versuche, optimistisch zu sein und sehr, sehr gelassen.

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Ein neues Projekt

Es ist schon ganz schön lange her, dass ich unbedingt ein Blog haben wollte. Ich glaube, der erste, bei dem ich ein Blog entdeckte, war mein Freund Andy. Andy war ein cooler Typ aus England. Er war technikaffin, kannte sich gut im Internet aus und schien unserer deutschen Zeit immer ein bisschen voraus zu sein. Facebook gab es noch nicht. Blogs waren das nächste große Ding des so genannten Web zwei Punkt Null. Und ich fand die Vorstellung einfach cool, eine eigene Seite zu haben und damit das Internet irgendwie zumindest ein bisschen mitzugestalten.

Kurze Zeit darauf hatte ich einen eigenen Blog bei blogger.com. Zum ersten Mal in meinem Leben machte ich mich vertraut mit einer What-you-See-is-what-you-get-Oberfläche. Und stand plötzlich vor der Herausforderung, mir zu überlegen, was ich der Welt gerne mitteilen wollte. In den vergangenen Jahren bin ich immer wieder sorgfältig durchs Netz gegangen und habe meine alten blogs gesucht, um sie zu löschen.Ich hatte im Lauf der Jahre einfach zu viel Blödsinn geschrieben. Aber manche Artikel waren auch gar nicht so schlecht. Ziemlich schnell habe ich mein Blog als eine Art Ventil genutzt um als politisch eher links eingestellter Christ in einem evangelikalen Umfeld ein bisschen Druck abzulassen. Das hat nicht immer alle mir nahestehenden Personen erfreut.

Später wurde mir das alles zu anstrengend. Es war mühsam auf Kommentare reagieren zu müssen, in manchen Punkten zurückrudern zu müssen oder Aussagen, zu denen ich stand, verteidigen zu müssen. Ich kannte damals ja Facebook noch nicht und hatte daher keine Ahnung, wie anstrengend eine online-Existenz wirklich sein kann. Deshalb nutzte ich meine blogs schließlich mehr wie Webseiten, auf denen ich Informationen weitergab, aber nicht allzuoft meine Meinung sagte.

So habe ich das ziemlich lange gehalten. Aber neulich habe ich auf einmal wieder Lust bekommen auf ein Blog. Blog-Artikel oder meinetwegen auch Tagebucheinträge, die öffentlich sind, haben die schöne Eigenschaft, dass man in ihnen sowohl über sich selbst schreiben kann als auch über Themen, die einen interessieren. Schon in meinem Podcast, dem Goficast, befasse ich mich ausführlich mit Themen, die um die Künste kreisen. Das werde ich auch weiterhin tun. Aber vielleicht ist ja die Form eines Tagebucheintrages noch geeigneter, um auf unterhaltsame und eingängige Weise über Dinge zu schreiben, die mich und hoffentlich auch meine Leserinnen und Leser interessieren.

Ich finde, das ist ein echtes Abenteuer. Ich werde erst im Lauf der Tage und Wochen die richtige Form dafür entwickeln können. Aber ich habe das Gefühl, dass ich genau so etwas brauche: ein neues Abenteuer, ein neues Projekt, an dem ich mich abarbeiten kann. Schauen wir doch mal, wohin uns diese Reise führt. Wenn du Lust hast mit dabei zu sein, freue ich mich. Bis demnächst.

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Wie kann ich mit Kritik an meiner Arbeit umgehen? – Die Notizen zur Episode

Alle die, die mir über steady ein wenig unter die Arme greifen, bekommen hier einen Bonus: Für die letzte Episode des Goficastes habe ich mir Notizen gemacht. Hier sind sie. Ich hoffe, sie helfen Euch.

Frage von Caro
Wurde neulich noch mal von ‚Le Rah‘ auf Facebook aufgegriffen

Ich bin selbst viel in der Öffentlichkeit: Bücher, Podcasts, Konzerte, Lesungen …
Situationen, in denen ich etwas präsentiere, etwas anbiete und mich dann verletzlich mache:
Einladung zur Kritik

Kritik ist unausweichlich – Wie kann ich damit umgehen?

Hinweis:
Es geht um Kritik an meiner künstlerischen Arbeit – nicht an mir als Person, meinen Einstellungen, meinem Verhalten etc.
Kann sein, dass du in dem was ich sage, Hilfreiches entdeckst für andere Lebensbereiche. Aber: es geht nur um künstlerische Arbeit.

1. Du bist nicht dein Werk!
Wenn dein Werk fertig ist, existiert es unabhängig von dir selbst.
Es muss dann alleine klarkommen.
Und: Kritik an deinem Werk ist nicht Kritik an dir als Person.
(Ausführen)

2. Du bist nur deinem Werk gegenüber verpflichtet, niemandem sonst!
gemeint ist: der künstlerische Ausdruck
Klar, es gibt Gesetze, es gibt Ethik und Moral, es gibt die Religion
Du wirst dich in deiner Arbeit mit ihren Ansprüchen auseinandersetzen müssen
du musst auch dich selbst befragen: wo gibt es für mich Grenzen? Was will ich bewirken?

Der künstlerische Ausdruck fragt aber nicht nach den Ansprüchen anderer.
er verlangt nur eines: Integrität

Dein Werk soll integer sein, es soll stimmig sein – Technik, Inhalt und persönlicher Ausdruck sollen die bestmögliche Einheit bilden,
und die Referenz dafür ist nicht das Publikum, der Auftraggeber, die Religion, der Markt, deine Fans – auch nicht du selbst. Sondern das Werk.

(Beispiel TTG, Beispiel Hossa Talk, …)

3. Mögliche Arten der Kritik und wie ich damit umgehe
Kritik aus Geschmacksgründen, aus Unkenntnis, Unverständnis, aufgrund persönlicher Vorlieben
uninteressant, weil sie nichts über die Integrität des Werkes aussagt

Ausnahme: KünsterIn als UnternehmerIn
den Publikumsgeschmack treffen bedeutet wirtschaftlicher Erfolg

Kritik an der Integrität des Werkes – sollte eigentlich willkommen sein, weil ich dadurch lernen kann und es beim nächsten Mal besser machen kann

Aber auch berechtigte Kritik von den falschen Leuten hat destruktive Wirkung.

Wichtig für die künstlerische Arbeit: Schutzraum, Zeit, einen eigenen Stil zu entwickeln, sich seiner selbst sicher werden, das Wissen: ich bin nicht perfekt, ich muss lernen, ich darf Fehler machen

Dieser Schutzraum muss auch Angriffe aushalten können, aber er muss vor allem erhalten bleiben.

BSP Jays Kritik an TTG

Deshalb: stelle dich der richtigen Kritik von den richtigen Leuten
Vermeide richtige Kritik von den falschen Leuten
Vergiss irrelevante geschmackliche Kritik, diese Leute haben keine Ahnung, was du machst

4. Dein Ziel: Du bist die/der Beste, für das was du machst

Gönne dir ein bisschen Größenwahn:
Ich bin verdammt gut. Und wenn ihr das nicht so seht, habt ihr halt keine Ahnung.

Stimmigkeit im persönlichen Ausdruck, Individualität
Setze auf das, was dich einzigartig macht, finde hierfür den passenden Ausdruck.

Ein gutes Werk ist keine Frage der Technik, sondern eine Frage der Integrität.


Merksätze:

  • Du bist nicht dein Werk!
  • Du bist nur deinem Werk gegenüber verpflichtet.
  • Alles, was die Integrität deiner Arbeit fördert, ist gut.
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Goficast #18 Wie schreibt man einen Roman Teil 5: Vorbereitungen für das Abenteuer

Soll man sich ein Konzept machen oder einfach drauflosschreiben? Und welche Hilfen gibt es, wenn man sich darauf vorbereiten möchte, einen Roman zu schreiben? Ich erzähle euch, wie ich es mache und stelle euch außerdem kurz Scrivener vor, die Software, mit ich arbeite. In dieser Folge lasse ich euch tief hinter die Kulissen meines neuen Buches ‚Huchting‘ schauen!

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Goficast #12: Ich lese ‚Flucht aus Evangelikalien‘ (3)

Die Angst zu versagen begleitet nicht nur KünstlerInnen, sondern auch sonst ziemlich viele Menschen. In dem Kapitel ‚ Wie meine Söhne mir die Angst austrieben‘ erzähle ich von einem schönen Erlebnis, dass mich nicht nur für das Malen begeisterte, sondern mich auch vieles über den Glauben an Gott und das Leben lehrte. Nur für Mitglieder!

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Fotografieren als Kontemplation – Warum gerade die analoge Fotografie eine Achtsamkeitsübung ist

Dieses Bild habe ich mit einer alten Filmkamera geschossen, die anderthalb Kilo wiegt. Ich habe sie durch das heiße Jerusalem geschleppt und dann versucht, mit diesem Monstrum einigermaßen diskret zu fotografieren (was oft nicht funktioniert hat). Dass ich es eigentlich nicht hätte machen dürfen, erläutere ich an anderer Stelle (und auch, warum ich es dennoch getan habe). Sagen wir einfach, dass die Umstände nicht ganz leicht gewesen sind.

Die Kamera hat keinen Autofokus, keinen Bildstabilisator, der das Wackeln meiner Hände ausgleichen könnte (es ist eine Mamiya 645 1000s). Der Belichtungsmesser funktioniert recht gut. Aber die Lichtempfindlichkeit des Filmes steht natürlich fest, ich kann sie nicht per Knopfdruck erhöhen. Bei einer digitalen Kamera hätte ich das getan, weil es nämlich, trotz der hellen Scheinwerfer auf dem Platz vor der Jerusalemer Westwall, in dem Moment, in dem das Bild entstand, zum Fotografieren viel zu dunkel gewesen ist.

Deshalb musste ich den Film später auf eine besondere Weise entwickeln, ich musste ihn gewissermaßen überentwickeln, weil ich den Film ganz bewusst unterbelichtet hatte. Das nennt man Pushen.

Ich entwickle meine Filme selbst. Die Schwarzweiß-Filme entwickle ich in Kaffee. Ja, das geht tatsächlich. Man nennt diesen Entwickler Caffenol, und man kann ihn auf verschiedene Arten zubereiten. Rezepte findet man zum Beispiel auf der großartigen Webseite ‚Caffenol‘ (http://caffenol.blogspot.com/). Für meinen Entwickler verwende ich auf einen Liter Leitungswasser 16g Waschsoda, 10g Vitamin C, 40g von dem löslichen Mocca von ALDI und eine Winzigkeit Kaliumbromid (etwa 1,5g).

Das Entwickeln dieses Bildes hat mich etwa zwei Stunden gekostet.

Warum?

Warum analog, warum nicht digital? Warum nicht ein bisschen mehr Technik, die alles vereinfachen könnte? Warum selbst entwickeln, warum mit Kaffee?

Anfangs hat es sich vor allem um finanzielle Gründe gehandelt. Ich wollte richtig gute Bilder mit richtig guten Kameras machen. Und die aktuellen richtig guten Kameras kann ich mir schlicht nicht leisten. Ältere analoge Kameras dagegen, die für den professionellen Gebrauch hergestellt worden sind, sind erschwinglich. Sie kommen aus zweiter Hand und sind nicht mehr so stark gefragt. Wenn sie aber in Schuss sind, handelt es sich noch immer um exzellente Apparate.

Dann haben mich die Ergebnisse überzeugt. Ich finde, dass ein Bild, das auf einem Film und nicht auf einem Sensor aufgenommen wird, anders aussieht. Vielleicht bilde ich mir das ein. Aber mir scheint, dass ein digital aufgenommenes Bild durch seine absolute Reinheit etwas Steriles an sich hat, das ich als unterkühlt empfinde. Mir fehlt eine gewisse gebrochene Ästhetik, die mich interessiert und die ich bei analogen Bildern zu entdecken meine. Wo sie fehlt, bin ich als Betrachter schnell gelangweilt. Perfektion langweilt mich.

Später habe ich bemerkt, dass ich übersehen hatte, wie teuer es ist, immer wieder Filme zu kaufen und entwickeln zu lassen, vor allem dann, wenn man wie ich im Mittelformat fotografiert (das ist ein etwas größeres Format als die Kleinbildfilme, die man noch im Drogeriemarkt kaufen kann). Um die Kosten wenigstens ein bisschen einzudämmen, habe ich mich entschlossen, selbst zu entwickeln.

Inzwischen stelle ich fest, dass der Reiz des Ganzen nicht so sehr im Ergebnis liegt oder in der Reduktion von Kosten. Er liegt im Prozess. Es ist die konkrete Arbeit an einem konkreten Bild, das physisch hergestellt wird und auch physisch weiterverarbeitet wird. Es ist die Zeit, die es kostet (nicht die Zeitersparnis), die Tatsache, dass ich mich abmühen muss, um zu meinem Ziel zu kommen.

Alles wird langsamer: Die Suche und die Wahl des Motivs, die Komposition (Bildausschnitt, Fokus, Zeitpunkt der Aufnahme, Belichtung), die Unsicherheit, ob das Bild etwas geworden ist, die Entwicklung – also: die eigentliche Erzeugung – des Bildes usw. Das Ganze verleiht der Fotografie eine fast schon kontemplative Note, die unserem sonstigen Bestreben, jede Tätigkeit immer noch schneller erledigen zu können, total entgegenläuft. Der Prozess der künstlerischen Arbeit wird ausgedehnt. Und ich gehe davon aus, dass dadurch auch der Blick auf die Welt ein anderer wird.

Der emotionale Wert der Bilder für mich persönlich wird durch den erhöhten Aufwand natürlich gesteigert. Für jedes Bild habe ich hart gearbeitet, ich habe mir eine neue Perspektive auf die Dinge erkämpft. Und wenn es dann gut geworden ist, erlebe ich eine tiefe Zufriedenheit.

Ich hoffe, dass die Bilder der Ausstellung das alles zumindest ein bisschen durchscheinen lassen, dass sie dabei helfen zu entschleunigen und das Augenmerk auf Dinge zu richten, die wir sonst übersehen würden, dass sie vielleicht sogar die Dinge ganz neu und ganz anders aussehen lassen.

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