„Ich komme von Homer, von Cervantes“, hat kürzlich Peter Handke gesagt. Und zwar zu den Journalisten, die von ihm wissen wollten, was er über die Vorwürfe des aktuellen Trägers des Buchpreises 2019, Stanišić, hält, der Bosnier ist und im Krieg der Neunzigerjahre vor den Serben nach Deutschland fliehen musste.
Stanišić hat Handke vorgeworfen, dass der für die kriegstreibenden Serben Partei ergriffen hatte und sogar am Grab des Serbenführers Milosevic eine Rede gehalten hat. Ausgerechnet Handke ist seit neuestem Nobelpreisträger, und für den Buchpreisträger Stanišić ist das geradezu unerträglich.
Was genau wollte Handke jetzt eigentlich sagen? Wahrscheinlich, dass man ihn mit diesem trivialen Scheiß in Ruhe lassen sollte, dass er Wichtigeres zu tun habe, als freche Journalistenfragen zu beantworten oder haltlose Vorwürfe eines jungen Schnösels. Der Autor hat sich um die Kunst zu kümmern, er muss gewichtige Fragen der Ästhetik beantworten, er muss nach den passenden Worten suchen, die rechten Sätze formulieren, um Kraft seines Wortes die Welt zusammenzuhalten, aber nicht die Welt der Unterhaltung und der Politik, sondern die viel gewichtigere Welt der Kunst. Hat er das gemeint? Keine Ahnung. Eigentlich ist es auch egal.
Gestern bin ich schließlich doch noch rausgegangen. Dafür habe ich mir extra ein Hörbuch heruntergeladen, dass ich noch nicht ganz zu Ende gehört hatte, weil es mich schließlich gelangweilt hat. Allerdings ist ein Spaziergang durch unser Viertel noch langweiliger als das langweiligste Hörbuch, und so lud ich mir Excalibur von Cornwell auf mein Smartphone. Eine ganz triviale Unterhaltungsgeschichte über Artus und für einen Spaziergang durch das dunkle und verregnete Cappel vielleicht genau das Richtige.
In diesem Buch gibt es eine Szene, in der die vor Artus bereits in Ungnade gefallene Genoveva mit einem Barden streitet, der darauf besteht, dass die Qualität eines Vorsängers an seiner überlegenen Technik hängt. Genoveva hält ihm vor, dass die normalen Zuhörer seine überlegene Technik überhaupt nicht erkennen und sie deshalb auch nicht genießen können. Das aber sei seine eigentliche Aufgabe: die Leute zu erfreuen. Darum soll er den Kennern Qualität bieten und den Nichtkennern Unterhaltung, damit er sie alle erfreut. Am besten gleichzeitig.
Das fand ich gar nicht so blöd. Vielleicht braucht es nicht immer Homer oder Cervantes, um gute Impulse zu erhalten, die einen weiterbringen. Ich bin jedenfalls eher Team Stanišić als Team Handke.
Kurz vor seinem Ausbruch hatte er Heimito von Doderer zitiert und gemeint, ein Ereignis wie die Nobelpreisverleihung „binde einen los vom Pfahl des eigenen Ich“ , an den er – auch die „falsche“ Frage getriggert, dann gleich wieder hurtig zappeln gegangen ist…
Homer und Cervantes helfen halt nicht viel, wenn die eigene Reflexionsfähigkeit unterrepräsentiert ist.
Es ist ja auch so gemein verdammt schwer, vernünftig Mensch zu sein, wenn alle andern rundherum so blöd sind.
Selbst als Nobelpreisträger….
PS: hab heut Zeit und stöbere grad in deinem Blog. Macht Spaß! Danke für Output und Input !