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Der Blick nach draußen

Während ich diese Zeilen schreibe, sitzen Kinder in Kiew in Luftschutzbunkern. Sie waren gerade dabei, sich für die Schule fertig zu machen, als überall in der Stadt iranische, vom russischen Militär gelenkte Kamikaze-Drohnen einschlugen. Die Angriffe dauern in diesen Momenten an. Auch im übrigen Land haben einschlagende Raketen die Menschen die ganze Nacht über wachgehalten. Wenn sie Glück hatten.

In der Zwischenzeit ist das Feuer im berüchtigten Evin Gefängnis in Teheran gelöscht, nachdem es lange so ausgesehen hat, als hätten die Behörden es nicht besonders eilig damit. Dort sitzen viele ein, die gegen das iranische Mullah-Regime protestiert haben.

Die Proteste waren ausgebrochen, als die junge Mahsa Amini von der Religionspolizei festgenommen worden war, weil sie ihr Kopftuch angeblich nicht richtig getragen haben soll. Sie ist in der Haft gestorben. Ihre Familie sagt, dass ihr toter Körper Spuren von Gewalt aufgewiesen hat.

Inzwischen sind viele, die sich an den Aufständen beteiligt haben, bereits ermordet worden. Sie wurden mit scharfer Munition erschossen. Es gibt auch zahlreiche Berichte von jungen Frauen, die in der Haft von der Polizei erst vergewaltigt und dann getötet worden sein sollen. Manche von ihnen sollen vor ihrem Tod grausam verletzt worden sein.

Ein wichtiges Zeichen dieser Proteste ist, dass Frauen das Kopftuch demonstrativ abnehmen, das sie eigentlich gezwungen sind zu tragen. Es gibt zahlreiche Videos in den sozialen Medien, in denen Schülerinnen sich in den Schulen vor das Foto des Religionsführers stellen, ihre Kopftücher abreißen, sie durch die Luft schwenken und ihm den Mittelfinger zeigen. Dabei skandieren sie „Frau, Leben, Freiheit“, ein Slogan, den sie von der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung übernommen haben.

Möglicherweise weißt Du das alles schon längst. Mich beschäftigen diese Dinge sehr. Auch wenn es wichtig ist, dass wir auf uns selbst achten und unsere seelische Hygiene und Ökonomie im Blick behalten – der Blick nach draußen zu den anderen, in die Welt ist genauso wichtig.

Deshalb poste ich heute diese beiden Gemälde, die ich mit meiner Virtual Reality Brille digital gemalt habe. Die ‚Rote Antilope‘ ist schon vom Beginn des Jahres, als der Krieg gegen die Ukraine begann. Und ‚Frau, Leben, Freiheit‘ ist von letzter Woche.


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